Altersfreigabe:
Worum geht es?
Da das Überleben auf der Erdoberfläche nicht mehr möglich zu sein scheint, leben die letzten Menschen in einem gigantischen unterirdischen Silo. Wer hinaus möchte, muss gehen und stirbt in der staubigen Einöde vor der Kamera, die die karge Außenwelt zeigt.
Als der amtierende Sherif das Silo auf eigenen Wunsch verlässt, nimmt eine Mechanikerin seinen Platz ein, die von der Silopolitik der Verschwiegenheit und Strenge nichts hält. Und als die Bürgermeisterin und ihr Deputy getötet werden, will sie nicht länger schweigen und macht sich daran, die Geheimnisse des Silos offen zu legen.
Achtung, sensibler Inhalt! Depressionen, extreme Gewalt, Nötigung, Selbstmord
Welches Genre?
An dieser Stelle möchte ich mich kurz bei all den Leuten bedanken, die Arbeit und Mühe in die Serie gesteckt haben. Unabhängig davon, wie ich die Serie persönlich bewerte, verdienen die künstlerischen Ambitionen Anerkennung. Dankeschön.
Wie ich die Serie finde?
Ich liebe dystopische Settings und eine unterirdische Bunkeranlage hat ihren ganz persönlichen Charme, mit dem beengten Raum, der Ressourcenverwaltung und den Mangelerscheinungen. Die Gestaltung des Silos mit der riesigen Steintreppe in der Mitte und den Gesellschaftsschichten, die sich alleine schon dadurch entwickeln, dass der Wechsel von Ebenen Tage dauern kann, ist sehr gut gemacht.
Auch die gruselige Stimmung, die durch die Geheimnisse der verschiedenen Abteilungen entsteht, gibt der Geschichte Charme, auch wenn es mir mitunter etwas zu politisch und zu wenig menschlich wird. Artefakte aus der Zeit davor sind verboten, vor allem Festplatten und Informationen. Wer mit ihnen erwischt wird, wird hinaus geschickt. Durch diese Verdammung ist ein regelrechter Kult entstanden, der die Dinge aus der Vergangenheit zu beschützen versucht. Der Nutzen dieses Verbots erschließt sich mir nicht so recht und auch die sogenannten Flammenwahrer sind eher eine Randerscheinung, die bedeutungslos zu verpuffen scheint. Würden Dinge aus der Vorzeit wirklich dazu führen, dass die Menschen das Leben im Silo ablehnen, wie die Obrigkeit es befürchtet, obwohl sie mit dem Blick nach draußen doch direkt vor Augen haben, dass sie nicht hinaus können?
Viel effektvoller finde ich die Darstellung der Geburtenkontrolle. Nur wenn jemand stirbt gibt es eine Chance ein Baby bekommen zu dürfen. Freude und Bestürzung in einer makabren Abhängigkeit voneinander. Natürlich ist Verhütung mal wieder Frauensache, was unsere gegenwärtige gesellschaftliche Einstellung zu diesem Thema widerspiegelt. Und was ist mit jenen, die politisch nicht mit den Regeln konform gehen und gefährliche revolutionäre Gedanken hegen?
Staatliche Kontrolle auf höchstem Niveau.
Soviel erst Mal zum Weltenbau, der, wie bei den meisten Dystopien, gut durchdacht ist.
Sehen wir uns die Hauptcharaktere genauer an. Die Mechanikerin Juliette ist eine taffe Frau. Es ist nur etwas seltsam, dass sie die ganze Zeit im Silo herum laufen und Verschwörungen nachspüren kann und es gar nicht stört, dass sie ihrer Arbeit als Sheriff nicht nachkommt. Aber das ist wohl dem Zwang geschuldet, unbedingt Tempo in die Geschichte hinein bekommen zu müssen, damit sich auch jüngere Zuschauende angesprochen fühlen. Leider finde ich Juliette dadurch teilweise unsympathisch, weil sie nur aus Ecken und Kanten zu bestehen scheint. Dabei mag ich ihre rationale, fähige Ruppigkeit an sich gerne.
Es gibt noch jede Menge andere Charaktere, die aber meist recht eindimensional daherkommen. Kein Wunder, bei der vielen Action bleibt nicht so viel Zeit, um mehr von ihren Geschichten zu erzählen. Der Hauptfocus liegt auf dem Machtgerangel und der Frage, welche Überzeugungen Lügen sind und welche nicht.
Fazit
Ich finde die Serie großartig, auch wenn sie manchmal etwas mehr Menschlichkeit und etwas weniger Ränkeschmiederei vertragen könnte. Vor allem die Optik und die dystopische Stimmung reißen die kleinen Schwächen bei den Figuren und der Handlung wieder raus.
Vergleich mit dem Buch:
Rezension zum Buch (folgt demnächst)
Die Serie und das Buch liegen nach beieinander.
Die Geschichte im Buch läuft langsamer und ohne große Action ab. Juliettes Ernennung zum Sherif stößt auf keine große Gegenwehr und es gibt auch keine Untergrundgruppe, die Erinnerungsstücke an Früher bewahrt, weil Relikte nicht verboten sind. Von der Justiz sehen wir so gut wie gar nichts und dadurch gibt es auch wenig Kompetenzgerangel, was ich persönlich sehr angenehm finde.
Die ganze Überwachung mit Kameras findet so nicht statt. Im Buch geht es eher um Mundpropaganda und weniger um Kontrolle von oben.
Juliette selbst kommt sehr sympathisch rüber, weil die den Job als Sheriff ernst nimmt und erledigt und sie nicht halb so streitlustig durch die Gegend zieht, wie in der Serie. Das gleiche gilt für Deputy Marnes, der in der Serie aggressiv und grimmig gezeigt wird, im Original aber zugewandt und bescheiden überzeugt. Ich vermisse die Konflikte, die durch Stereotype und Zeitmangel in der Serie geschaffen werden, im Buch überhaupt nicht.
Allerdings ist die Besetzung im Buch sehr Eindimensional, denn nach dem Tod der Bürgermeisterin ist Juliette gefühlt alleine unter Männern. In der Serie haben sie das gut gelöst, indem Walker eine Frau ist und es auch ein paar zusätzliche weibliche Sprechrollen gibt. Üblicherweise werden bei Verfilmungen eher Rollen gestrichen. Hier läuft es andersherum, was Vor- und auch Nachteile hat. Manchmal wäre es mir bei der Serie ganz recht, wenn sie sich weniger mit den Intrigenspielchen der Leute beschäftigen würden und mehr mit den relevanten Personen und der Haupthandlung.
Die erste Staffel umfasst nicht den gesamten Inhalt des ersten Buches.
Rezension Staffel 2 (folgt demnächst)