LitCampHD verleiht Flügel

Babsi aka @blues1ren, Eva aka @Variemaa und Elenor Avelle aka Nora

Es war mein erstes LitCamp, meine erste öffentliche Aktion als Autorin in persona überhaupt. Ich hatte, bis auf eine Ausnahme, niemanden bislang persönlich getroffen, kannte die Lokation nicht, wusste so gut wie nichts über den Ablauf und war als introvertierter Mensch sehr aufgeregt.

Die persönliche Vorstellung gruselte mir, doch die entpuppte sich als kurz und knackig. Den Namen und drei Hashtags bekomme selbst ich heraus, ohne mit dem Stammeln anzufangen und ich entdeckte in den Reihen dadurch alle möglichen Leute, die ich von den sozialen Plattformen kenne und sie entdeckten mich.

Insgesamt war die Atmosphäre locker und angenehm. Kinder und Hunde waren willkommen.

Vom Sessionangebot war ich vollkommen überrollt und wusste im ersten Moment gar nicht, was ich machen soll und hatte schnell alles wieder vergessen. Es fiel mir auch schwer die Zettel den Leuten zuzuordnen, die ihre Sessions vorgestellt hatten. Es waren einfach so viele Eindrücke auf einmal.

Lustigerweise ist bei mir aber keine große Hektik ausgebrochen, denn die Organisation war so angelegt, dass man entspannt aus jedem Raum rein und raus konnte und es nicht schlimm war, dass ich in die erste Session ein paar Minuten später hineinkam, weil ich den farbigen Linien in die falsche Richtung gefolgt war. Wegweisen mittels farbiger Linien war übrigens ein großartiges Konzept, um es den Teilnehmern möglichst leicht zu machen, den richtigen Raum zu finden. Überhaupt hatten die Organisatoren an so viele Kleinigkeiten gedacht, die im Großen und Ganzen bei vielen Veranstalter einfach untergehen. Sonnencreme, ein Pool, transportable Zusatz-Akkus für Handys und und und.

Meine erste Session war auch gleich ein Volltreffer. Ich war bei Janet Clark, die über die Chancen und Risiken der Digitalisierung gesprochen hat. Das ist ein Thema, das wesentlich mehr Raum und Aufmerksamkeit erlangen sollte, denn jeder einzelne Autor, ob Verlagsautor oder Selfpublisher, ist von der Preisspirale betroffen, die die Veränderung des Buchmarktes durch die Digitalisierung mit sich bringt. Vielfalt geht durch Monopolkämpfe verloren und Konkurrenzdenken schadet mehr, als das es hilft. Autoren und Anbieter müssen aufhören Modelle zu bedienen, die suggerieren, dass Lesen umsonst ist, um sich gegenseitig zu unterbieten.

Dann hatte ich eine längere Mittagspause. Das muss am leckeren Essen gelegen haben. An dieser Stelle muss ich auch nochmal das herrliche Frühstück erwähnen. Es gab eine fantastische Auswahl an Aufstrichen von Teekesselchen.

In meiner zweiten Sessionrunde ging es um Gendermarketing bei Kati. Das ist auch ein Thema, das mich nicht nur als Autorin beschäftigt – im Science Fiction Bereich wird einem als Frau ja immer noch ein männliches Pseudonym nahegelegt – sondern auch als Mutter. Ich habe zwei Söhne, die beide Pink mögen und dafür schon im Kindergarten ausgelacht wurden und das nicht nur von Kindern. In der Schule bekommen meine Söhne noch Hausaufgaben mit der Überschrift „So sind Mädchen, so sind Jungen“. Kinder und Lego bieten plötzlich alternative Produkte für Mädchen in rosa und lila an und das Zeug scheint sich auch noch zu verkaufen. Wer trägt nun die Verantwortung für das Rosa-Blau-Prinzip? Die Eltern, die ihren Kindern weitergeben, was sie selbst gelernt haben? Die Schulen und anderen Betreuungseinrichtungen, die in der Genderfrage teils noch rückständig unterrichten? Die Firmen, die durch Werbung und Angebot den Markt beeinflussen? Die Verbraucher, die Genderartikel bestellen und kaufen? Wir sind ein System, keine unabhängigen Einzelteile. Die Verantwortung liegt bei uns allen und kann nicht einfach an einen anderen abgeschoben werden, denn so durchbricht man keinen Kreis.

Nach dem emotional sehr aufregenden Thema, hat es mich in die Session von Nicole Neubauer gezogen, die mit viel Herz über Motivation gesprochen hat. Was können wir tun, wenn wir nicht weiter kommen oder diese fiesen Stimmen hören, die uns klein reden. Sie vergleicht diese Stimmen mit Dementoren und plädiert dafür, dass sich jeder einen persönlichen Patronus erschafft. Wie das geht, hat sie auch verraten. Zuerst einmal müssen wir einen Exorzismus vornehmen. Die Stimmen in unserem Kopf sind nicht körperlos und ohne Zusammenhang. Es sind meist Menschen, die einen gemeinen Eindruck bei uns hinterlassen und uns klein geredet haben. Lehrer, Eltern, Freunde, Rezensenten und auch die Probleme anderer Autoren, denn negative Strömungen beeinflussen nachweislich unser Gehirn. Wenn wir wissen, wen wir hören, hilft uns das Bewusstsein darüber dabei, denjenigen zu vertreiben. Als Gegengewicht dazu müssen wir Stimmen suchen, die uns gut tun.

Erfüllt von all den positiven Stimmen, bin ich in die Session von Annika Bühnemann gehüpft, um mehr über Instagram zu erfahren. Um zu wissen, wie du Instagram für dich nutzen kannst, musst du erst einmal wissen wer du bist, damit die anderen das auch sofort sehen können. Finde einen Stil, achte auf die Qualität und poste regelmäßig. Zwei bis dreimal die Woche sollte Minimum sein. Am wertvollsten waren die Tipps zu den Hashtags, denn dieses Thema überfordert mich etwas. Sie empfiehlt Listen, die nach Themengebiet aufgeteilt sind. Ab und an sollte man sie auch aktualisieren, damit sie keinen Staub ansetzen. Instagram hilft dabei, denn bei beliebten Begriffen, werden bei der Suche verwandte Hashtags vorgeschlagen. Auch Geotagging sollte bei den Hashtags nicht unterschätzt werden. Das mache ich auch sehr ungerne. Aber ihre Empfehlung einfach den Raum zu erweitern und Landstriche oder große Städte zu nennen, statt spezifische Orte, ist eine gute Alternative.

Gefüllt mit all diesen Informationen und beseelt von den Treffen mit den vielen tollen Leuten auf dem Camp, konnte ich es am nächsten Tag nicht erwarten, wieder hinzugehen. Zugegeben, der Sessionsturm am Anfang plättete mich wieder und um die passende erste Session zu finden, ist nicht viel Zeit, aber das konnte ich wieder gelassen angehen. Richtig praktisch ist die Übertragung des Sessionplans auf die Internetseite des LitCamps. Das hat mir die Planung erheblich erleichtert und war ein weiteres Detail, das mich schwer begeistert hat. Neben der Slushi-Maschine natürlich.

Meine erste Sonntagssession war bei Juliana Fabula über die Gestaltung von Buchcovern. Das war spritzig, frech und richtig toll. Mit einer Präsentation hat sie uns Beispiele gezeigt und Tipps gegeben, damit sie sich zukünftig nicht mehr die Augen auskratzen muss, wenn man den winzig kleinen Titel gelb auf weiß nicht mehr lesen kann oder von der Schrift das Blut trieft.

Dann wurde es inspirierend mit Eva. Wo kommt die Inspiration her? Wie finden wir Ruhe? Welche Tätigkeiten können und dabei helfen unseren Kopf zu leeren oder zu füllen und welche Reize sprechen uns an? Die Runde war ungemein kommunikativ, mit regem Austausch zwischen den Teilnehmern und fachlich fundierten Erklärungen von unserer Literaturwissenschaftlerin Eva.

Der Abschlusstusch für mich war Maggos Weltenbau. Ich stimme allen Fans seiner Stimme uneingeschränkt zu, wenn sie davon entzückt sind, aber sein Wissen steht der herrlichen Akustik in nichts nach. Seine Art an den Weltenbau heranzugehen ist einmalig. Gezeitenströme zu nutzen, um die klimatischen Rahmenbedingungen herauszufinden, gesellschaftliche Zwänge im Auge behalten, um Verhalten der Charaktere zu bestimmen. Er hatte Tipps über Tipps parat und präsentierte alles in einer humorvollen Leichtigkeit, die ich schon von den Pen&Paper Abenteuern mit ihm gewöhnt bin und die mich auch da, jedes Mal aufs Neue, faszinieren.

Zum Schluss war ich noch ein Engel und habe geholfen. Das ist auch ein ganz tolles Konzept und ich kann nur jedem empfehlen sich einzutragen. Die Aufgaben sind größtenteils selbsterklärend, es ist auch eine Hilfestellung im Kontakteknüpfen für scheue Leute und es ist einfach richtig etwas zurückzugeben.

Einziger Wehrmutstropfen bleiben die vielen tollen Sessions, die ich hier nicht vorstellen kann, weil ich mich nicht vervielfältigen konnte. Aber ich freue mich riesig, dass einige bald schon bei YouTube zu sehen sein werden. Die Livestream Idee und Umsetzung ist klasse.

Es ist wirklich beeindruckend wie viel wir für so wenig Geld bekommen haben, so dass sich wirklich jeder die Teilnahme am Camp leisten kann. Das wäre ohne Sponsoren nicht machbar. Vielen Dank.

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Ich fand die Idee, die Sessionräume nach Sponsoren zu benennen toll.

Vielen Dank, liebes LitCampTeam, für dieses unvergessliche Wochenende. Und vielen Dank, ihr tollen Menschen, die ich treffen durfte.