Wenn du nicht willst, dass du Schaden nimmst, dann pass dich an. Diese Mentalität verfolgt mich schon mein ganzes Leben.
Ich war in der Schule nie beliebt, denn ich habe so viele Ecken und Kanten, dass ich ständig hängen bleibe. Als Erwachsene spielt es kaum noch eine Rolle, aber als Jugendliche, tat ich mich schwer. Ich habe einfach nicht getan, was alle getan haben. Stattdessen hatte ich mit Fünfzehn noch Barbies, weil meine Mutter umwerfende Kleider und Accessoires genäht hat und ich mit Wonne aus Schachteln Möbel gebastelt habe. Ich habe meine Disney-Stickerhefte nicht versteckt, sondern in der Schule dabeigehabt und ich habe auch als Teenager noch mit meinem Stofftier geschlafen und kein Geheimnis daraus gemacht. Meine Klamotten waren gemütlich und bunt. Ich habe nicht geraucht, nicht getrunken, kein Make-Up benutzt. Ich war out, ein Loser, wie er im Buche steht. Dafür habe ich viel einstecken müssen, denn wer sich nicht anpasst, lädt quasi dazu ein, mit der Heckenschere anzurücken, um zurechtgestutzt zu werden.
Bei meinem Sohn erlebe ich es erneut. „Er muss härter im Nehmen werden“, ist der allgemeine Ratschlag.
Merkt ihr was? Täter sein ist okay. Die Botschaft: Wenn du ein Opfer bist, dann machst du was falsch.
Genau das spiegelt auch die aktuelle Debatte zum Hashtag #OhneMich wieder. Hierbei geht es wortwörtlich um eine andere Verpackung, aber der Inhalt ist der gleiche. Die Täter werden in Schutz genommen und die Betroffenen dazu aufgefordert sich zu ändern, damit sie die Täter nicht provozieren. Aber klar, wenn schon bei Kindern und Jugendlichen kommuniziert wird, dass es vollkommen normal ist, Täter zu sein, dass es an der Provokation durch die Opfer liegt, dann werden diese Kinder auch als Erwachsene Täter bleiben.
Die #OhneMich Diskussion ist viel mehr, als die Frage, ob Frauen lieber schwarze, flatternde Kutten ohne Make-Up tragen sollten. Es geht um unsere Einstellung zum Unrecht.