Hörbuchrezension: Animant Crumbs Staubchronik

Animant Crumbs Staubchronik von Lin Rina

Klappentext: England 1890. Kleider, Bälle und die Suche nach dem perfekten Ehemann. Das ist es, was sich Animants Mutter für ihre Tochter wünscht. Doch Ani hat anderes im Sinn. Sie lebt in einer Welt aus Büchern, und bemüht sich der Realität mit Scharfsinn und einer gehörigen Portion Sarkasmus aus dem Weg zu gehen. Bis diese an ihre Tür klopft und ihr ein Angebot macht, das ihr Leben auf den Kopf stellt.
Ein Monat in London, eine riesige, vollautomatische Suchmaschine, die Umstände der weniger Privilegierten und eine Arbeitsstelle in einer Bibliothek. Und natürlich Gefühle, die sie bis dahin nur aus Büchern kannte.

Cover

Da ich zu den Coverkäufern zähle, beschäftige ich mich auch mit der Frage, ob mich Cover ansprechen würden und zum Kauf verleiten.

Aufmerksam auf das Hörbuch bin ich auf Instagram geworden. Eine Kollegin hatte es gerade gehört. Das Cover finde ich passend und wunderschön. Im Hintergrund ist ein altes Tapetenmuster zu erahnen, die Frauensilhouette zeigt ein altes Bücherregal und die historischen Türangeln, die auch für Bücher passen könnten, runden die Komposition ab. Die beige-braune Farbpalette ist gut gewählt. Ich hätte das Buch in jedem Fall in der Buchhandlung in die Hand genommen. Der Inhalt wird schon auf den ersten Blick deutlich. Sehr gelungen.

Inhalt

Animant Crumb ist eine moderne junge Frau aus reichem Hause. Sie möchte sich nicht verheiraten lassen – der Wunschtraum ihrer Mutter, gehört die Ehe zu einem respektierlichen Leben einer jungen Dame doch dazu. Als sie schließlich auch noch zu arbeiten beginnt, bricht sie mit allen Konventionen der guten Gesellschaft. Und wie sollte es anders sein, tritt dann doch ein Mann in ihr Leben, der mehr werden könnte, als eine Bekanntschaft.

Gedanken beim Hören

Diese Kritik hat nur am Rande etwas mit meinem Gesamturteil über das Buch zu tun. Es sind spontane Emotionen und Eindrücke.

Ich habe mich mit Animents Vornamen schwergetan. Er wirkt so fremd in der Szenerie, wenn er ganz ausgesprochen wird.
Etwas irritierend waren auch Begriffe wie Arsch, die mehrfach im Text auftauchten. Solche moderneren Formulierungen haben mich aus der Geschichte gerissen, weil sie mir wie Fremdkörper vorkamen. Natürlich ist es nicht ganz fair Jane Austens Werke mit diesem zu vergleichen, aber ich bin ihre Sprache und die Grenzen des Anstands, die sie vorgibt gewöhnt und habe diese teilweise auch an dieses moderne Werk gestellt.
Animent redet auch gerne über den Anstand und den Ruf einer Dame, oder denkt viel mehr darüber nach. Die Frisur muss sitzen, das ist wichtig. Aber mit einem Haufen unbekannter Arbeiter nachts in eine Spelunke zu gehen, das stört sie nicht groß. Offensichtlich ist die Londoner Gesellschaft der Staubchroniken großzügiger als die historische. Niemand hat Animent mit den Männern gesehen, niemand redet darüber, dass sie mitten in der Nacht volltrunken von einem Mann in einer engen Droschke kutschiert wurde. Ist denn da kein schwatzmäuliges Dienstpersonal unterwegs? Sie hat wirklich großes Glück, wie wenig Schaden ihr Ruf nimmt, obwohl sie viele Dinge tut, die einer Dame ihres Standes zu dieser Zeit erheblich geschadet hätten. Besonders da sie mit ihrer Weigerung zu heiraten und ihrem Broterwerb als Bibliothekarin ohnehin schon Aufmerksamkeit erregt. Glück gehabt Animent.
Es ist nicht so prickelnd, wenn der männliche Hauptcharakter der Protagonist erklärt, dass sie selbst Schuld an den Zudringlichkeiten eines Verehrers hat. Sie mochte seine Gesellschaft und war für sein Flirten empfänglich, da braucht sie sich nicht wundern, wenn er sie auf dem Balkon festhält und trotz Gegenwehr küssen und begrapschen will. Na danke.
Gaffende Menschenmassen auf den Straßen, nach einem lauten Streit in der Öffentlichkeit, öffentliche Küsse und als Reaktion darauf tosender Applaus des Publikums waren mir zu viel des Guten.

Résumé

Abgesehen von meinem Fazit, werde ich Punkte vergeben. Das wird allerdings anders aussehen, als üblich. Bei mir gibt es nämlich keine Sterne. Ich vergebe an meine Lektüre Federn und Tintenkleckse. Das Prinzip funktioniert ganz einfach. Für Aspekte, die mir besonders gut gefallen, gibt es eine Feder, für Schnitzer, über die ich nicht hinwegsehen kann, gibt es einen Klecks. So kann es durchaus passieren, dass ein Buch auch mal weder eine Feder noch einen Klecks bekommt.

Ein Tintenklecks für das teils sehr ungebührliche Verhalten der Charaktere, das nicht durchgängig zum Stand und den Konventionen der Zeit passen will.

Zugegeben, die Geschichte wurde von zwei Dingen überschattet, die mich beeinflusst haben. Erstens war die Stimme der Hörbuchsprecherin teils so spitz, dass ich Animent wesentlich zickiger wahrgenommen habe, als es mir passiert wäre, wenn ich das Buch mit eigener Stimme gelesen hätte. Zweitens habe ich Jane Austen im Kopf. Das ist nicht fair, weil ihre Protagonisten hundert Jahre früher agieren als Animent.
Davon einmal abgesehen war der Roman eine nette Liebesgeschichte, in der Frau ihre neue Rolle in der Welt sucht und Mann sie vor ihrer eigenen Dummheit rettet. Sehr klassisch und für Romance Fans zu empfehlen.

Wenn ihr wissen wollt, was andere von „Animant Crumbs Staubchronik“ halten, dann schaut doch mal hier vorbei:

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