Hörbuchrezension – Die Tribute von Panem 1

Tödliche Spiele von Suzanne Collins

Klappentext:

Die Welt, wie wir sie kennen, existiert nicht mehr. Kriege und Naturkatastrophen haben das Land zerstört. Aus den Trümmern ist Panem entstanden, geführt von einer unerbittlichen Regierung. Alljährlich finden grausame Hungerspiele statt, bei denen nur ein Einziger überleben darf. Als die sechzehnjährige Katniss erfährt, dass ihre kleine Schwester Prim als Teilnehmerin ausgelost wurde, meldet sie sich an ihrer Stelle freiwillig. Seite an Seite mit dem gleichaltrigen Peeta zieht sie in den Kampf. Wider alle Regeln rettet er ihr das Leben. Katniss beginnt zu zweifeln – kann es wirklich nur einen Sieger geben?

Achtung, sensibler Inhalt! Depressionen, Extreme Gewalt, Gefangenschaft, Selbstmord, Drogenmissbrauch.

Genre: Dystopie

An dieser Stelle möchte ich mich kurz bei all den Leuten bedanken, die Arbeit und Mühe in dieses Hörbuch gesteckt haben. Unabhängig davon, wie ich das Hörbuch persönlich bewerte, verdienen die künstlerischen Ambitionen Anerkennung. Dankeschön.

Cover

Da ich zu den Coverkäufern zähle, beschäftige ich mich auch mit der Frage, ob mich Cover ansprechen würden und zum Kauf verleiten.

Die ersten Cover von Panem hier auf dem Markt waren für mich ansprechender. Ein Frauengesucht hinter Blättern, was zu Katniss gut gepasst hat, finde ich. Jetzt zieren die Cover das Spotttölpelsymbol, weil es durch die Filme populär geworden ist und zum Branding dazugehört.

Das ist für mich auch okay, aber nicht wirklich aussagekräftig oder emotionsweckend, wenn man keine Verbindung zum Merchandise der Panemprodukte hat.

Inhalt

Katniss ist ein Mädchen aus den äußeren Distrikten von Panem. Die Lebensverhältnisse sind dort schwierig. Hunger, Unterdrückung durch das Kapitol und alljährliche Menschenopfer sind die Regel. In diesem Jahr wird ihre zwölfjährige Schwester als Tribut für die gladiatorenähnlichen Spiele gezogen. Katniss meldet sich freiwillig und fährt mit Peeta, dem zweiten Tribut aus Distrikt zwölf zu den Hungerspielen. Dort müssen sie mit den Kindern aus den anderen Distrikten um ihr Leben kämpfen. Nur ein Sieger darf am Ende übrig bleiben.

Perspektive und Sprecher

Personaler Erzähler aus der Sicht von Katniss

Erste Person, Präsens.

Maria Koschny liest, die Stimme aus den Filmen von Katniss.

Gedanken beim Hören

Diese Kritik hat nur am Rande etwas mit meinem Gesamturteil über das Hörbuch zu tun. Es sind spontane Emotionen und Eindrücke.

Die Geschichte ist leicht zu lesen und hat einen flüssigen Erzählstil. Durch die Perspektive passt sie zur aktuell favorisierten Erzählform des Ich-Erzählers, der im Jetzt berichtet. Als wären wir direkt dabei. Sie ist spannend, aufwühlenden und manchmal auch humorvoll.

Katniss Sarkasmus gefällt mir. Sie ist ein pragmatischer Mensch, sehr praktisch, aber doch liebevoll. Sie hat ein vielschichtiges Sozialkonstrukt. Es gibt viele Menschen um sie herum, die ihr etwas bedeuten und wir erfahren von Aspekten, die uns die Nebenfiguren näher bringen und dadurch auch Seiten von Katniss selbst beleuchten.
Ihre Mutter hat Depressionen, die nicht erkannt und behandelt wurden. Die Singstimme des Vaters, die Katniss geerbt hat. Der Spotttölpel, der später zu einem wichtigen Symbol wird, ist ein Geschenk einer Freundin. Peeta, der ihr das Brot gab.
Peetas Figur finde ich großartig, weil endlich mal ein männlicher Charakter der Feinfühlige sein darf und nicht der Haudrauf ist, wie Katniss Freund Gale. Diese ständige Darstellung der männliche Hauptfigur als dominant und kriegerisch ist ermüdend und wird der Vielfalt männlicher Charaktere nicht im mindesten gerecht.
Hamich und Effie sind interessante Charaktere, wenn auch im ersten Teil noch recht platt, der verkommene Mentor und die aufgedonnerte Ansagerin. Ihre Entwicklung über alle Bücher hinweg ist interessant.

Ich mag die Darstellung des Distrikts, außen, fast vergessen, kein Strom im Zaun und nicht so herbe Friedenswächter. Der Aufbau, dass Landschaften, die von der zentralisierten Machtstelle aus weit entfernt sind, von den starren Regeln wegdriften, finde ich sinnig. Das System ist simpel, aber bei einer totalitären Gesellschaft, ist es nur logisch, dass alles genormt funktionieren muss. Dadurch gibt es auch keine Diversität und alles läuft in strikten binären Bahnen ab. Der Bürgermeister ist ein Bindeglied zwischen Kapitol und Distrikt. Es gibt etwas Wohlhabendere Leute, beinahe Mittelschicht und den Pöbel. Dieser Unterschied bei den Privilegien innerhalb eines Distrikts ist pfiffig, um die Menschen nicht zu einer Einheit werden zu lassen.

Im Kapitol ist aber auch nicht alles so, wie die Fassade es erscheinen lässt. Menschen wie Cinna zeigen deutlich, dass nicht alle zu einer jubelnden Masse gehören, die jeden Bezug zur Realität der Menschen in den Distrikten verloren haben. Auch die Avoxe sind ein gutes Beispiel. Wer im Kapitol nicht spurt, wird versklavt und der Zunge beraubt.

Erst in der Arena erfahren wir wirklich was über die Karrieros, Distriktmenschen, die dem Kapitol viel näher und ergebener sind, als Leute aus den weiter entfernten Distrikten. Sie bleiben allerdings sehr blass und oberflächlich. Das ist der eingeschränkten Sicht von Katniss geschuldet, die nur sieht, hört und denkt, was sie selbst erarbeitet. Mit den Karrieros hat sie nicht viel zu tun, außer sie loswerden zu wollen, um zu überleben.

Wie die Spiele inszeniert werden, ist bezeichnend dafür, wie menschliche Gesellschaften Grauenvolles in eine Show verwandeln, als wäre das ganz normal. Auch wenn einige Lesende diese Gestaltung als konstruiert und sinnlos brutal empfinden, erscheint es mir als realistische Überlegung, welche abwegigen Ideen Menschen entwickeln, um ihre Überlegenheit zu festigen. Erniedrigung um sich selbst besser zu fühlen ist ein zutiefst menschliches Konzept, genauso wie das Abschlachten der eigenen Spezies.

Die Liebesshow zwischen Katniss und Peeta ist schwierig. Sie steckt voller Zwänge, aber das wird auch aufgearbeitet und somit im Subtext als problematisches Konstrukt aufgegriffen. Katniss rationale Handhabung ist verständlich. Die Dreiecksproblematik mit Gale deutet sich in dieser Geschichte nur an.

Résumé

Abgesehen von meinem Fazit, werde ich Punkte vergeben. Das wird allerdings anders aussehen, als üblich. Bei mir gibt es nämlich keine Sterne. Ich vergebe an meine Lektüre Federn und Tintenkleckse. Das Prinzip funktioniert ganz einfach. Für Aspekte, die mir besonders gut gefallen, gibt es eine Feder, für Schnitzer, über die ich nicht hinwegsehen kann, gibt es einen Klecks. So kann es durchaus passieren, dass ein Hörbuch auch mal weder eine Feder noch einen Klecks bekommt.

Ich finde die Figuren im Buch gut gelungen und nicht typisch besetzt.

Fazit:

Die dystopische Geschichte ist sehr gut gelungen, auch wenn sie aufgrund der totalitären Struktur systhematisch verläuft. Die Figuren, die abstrusen Ausprägungen menschlicher Politik und Katniss trockener Humor sind ein Genuss. Ich finde das Buch sehr lesenswert.

Weitere Meinungen zu „Die Tribute von Panem – Tödliche Spiel“ findet ihr bei:
Bellas Wonderworld
Papier und Tintenwelt

Vergleich mit dem Film:
Rezension zum Film
Die Geschichte im Film ist der im Buch sehr ähnlich.

Im Film fehlen sehr viele Charaktere und zwischenmenschlichen Interaktionen. Der Bürgermeister, seine Tochter, die Leute vom Schwarzmarkt, vor allem die Hundesuppenköchin, die Friedenswächter, die Katniss im Buch beim Vornamen kennt.

Dadurch erfahren wir wenig über die Hintergründe ihres Lebens, den Tod des Vaters oder wie sie zu jagen gelernt hat. Der Wald im Film ist kuschliger als der gefährliche im Buch, in dem auch Raubtiere unterwegs sind.

Von Distrikt 13 hören wir im Film nichts. Im Buch sind Flüchtlinge aus dem Kapitol unterwegs.

Die Spottölpelbrosche findet Katniss im Film zufällig. Im Buch schenkt sie ihr ihre Freundin, die Tochter des Bürgermeisters. Das schafft eine persönlichere Bedeutung, finde ich, hat aber in der Filmhandlung nicht viel Platz.

Im Buch bleiben wir in Katniss Sicht, im Film sehen wir Szenen von Außerhalb. Das ist wichtig, um Zusammenhänge zu zeigen, die im Buch gedanklich erklärt werden, was in einem Film natürlich nicht geht.
Schon zu Beginn sehen wir den Spielmacher und den Moderator beim Interview. Auch Präsident Snow erleben wir im Film im Austausch mit dem Spielmacher, Hamich während der Spiele und Blicke von Gale, währen er die Spiele sieht.

Buchrezension zu Die Tribute von Panem 2
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